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öffentlich


Grundsatzempfehlung zur Stiftung Obstwiesenschutz


Gremium:
Haupt- und Finanzausschuss
Nummer:  
STVV-L2126-2021-084
Status:
öffentlich
Typ:
vorberatend
Fachdienst:
FD 3.2 Stadtplanung und Naturschutz
Ersteller*in: 
Christian Eckhardt


Sachvortrag:

Die Stadt Braunfels ist gemeinschaftlich mit dem Naturschutz-Zentrum Hessen - Akademie für Natur- und Umweltschutz e. V. Mitglied in der Stiftung Obstwiesenschutz. Diese wurde mit Stiftungsurkunde vom 16. Juni 2008 als Stiftung i. S. d. § 80 BGB vom RP Gießen anerkannt.

Das Naturschutzzentrum Hessen teilte der Stiftungsaufsicht des RP Gießen mit E-Mail vom 13. Oktober 2020 Folgendes mit:

1.      Der Hessische Rechnungshof (HRH) hat in 2019 die Naturschutz-Akademie Hessen bzw. den Verein Naturschutz-Zentrum Hessen geprüft. In den Prüfungsmitteilungen kommt der HRH zu der Empfehlung, dass sich der Verein aus der Stiftung zurückziehen soll.

2.      Das Hessische Umweltministerium verfolgt das Ziel der Einrichtung eines Zentrums für Artenvielfalt. In diesem Zentrum sollen Aufgaben und Personal des Vereins aufgehen. Damit steht auch der Verein vor einer Auflösung.

3.      Der Geschäftsführer des Vereins hat den Auftrag erhalten im Haushaltsplan 2021 des Vereins alle Voraussetzungen zu schaffen, damit die Auflösung des Vereins und damit der Beteiligungen des Vereins haushalterisch umgesetzt werden können.


Dies bedeutet, dass sich das Naturschutz-Zentrum Hessen aus der Stiftung zurückziehen möchte bzw. im Hinblick auf die geplante Vereinsauflösung auch muss. Dies lassen das Stiftungsrecht und auch die Verfassung der Stiftung grundsätzlich zu. In § 11 sind Regelungen zur Aufhebung der Stiftung getroffen worden:

Die Stiftung Obstwiesenschutz kann aufgehoben werden, wenn der Stiftungszweck nicht erfüllt werden kann, die steuerbegünstigten Zwecke wegfallen oder wenn das Kuratorium mit einer Dreiviertelmehrheit das Erlöschen der Stiftung beschließt

Allerdings erhält mit Anerkennung der Stiftung diese eine eigene Rechtspersönlichkeit. Entsprechend ist diese unabhängig vom Stifter (in diesem Fall der Verein + die Stadt Braunfels). Ein Rückzug des Vereins aus der Stiftungstätigkeit ist daher grundsätzlich möglich, hier müssten dann aber einige Änderungen an der Verfassung (bspw. § 7 bzw. die Regelung bezüglich der Zusammensetzung des Kuratoriums) entsprechend angepasst werden. Ansonsten würden sich zunächst keine Änderungen an der Tätigkeit der Stiftung selbst ergeben.

Ein Rückzug des Vereins hat nicht zur Folge, dass das Vermögen der Stiftung reduziert wird. Mit Anerkennung der Stiftung wurde das im Stiftungsgeschäft festgelegte Vermögen rechtsverbindlich der Stiftung gewidmet und im Anschluss an diese übertragen. Entsprechend hat die Stiftung nun die alleinige Verfügungsgewalt über das Vermögen und die Stifter haben keinen Anspruch auf Rückzahlung des gestifteten Vermögens. Die Stadt Braunfels könnte in einem solchen Fall über den Stiftungssummenanteil und die Vorteile (bspw. erhaltene Zinsen) des Naturschutz-Zentrum Hessen mit verfügen.

Dies entspricht jedoch nicht dem Ansinnen des Naturschutz-Zentrum Hessen. Von Seiten des Vereins wird vielmehr eine "Rückzahlung" des Vermögens begehrt. Dies ist jedoch nur möglich, sofern die Stiftung aufgelöst wird, da gemäß § 13 das Vermögen dann an die Stifter zurückfällt:

Bei Auflösung der Stiftung oder bei Wegfall ihres bisherigen Zweckes fällt das von den einzelnen Kommunen eingezahlte Stiftungskapital an die jeweilige Kommune zurück, die es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung, vorrangig zum Natur- Und Umweltschutz, zu verwenden hat. Das vom Naturschutzzentrum Hessen Akademie für Natur- und Umweltschutz e. V. eingezahlte Kapital sowie die restlichen Kapitalbeträge fallen an das Naturschutzzentrum Hessen Akademie für Natur- und Umweltschutz e. V. zurück; zur unmittelbaren und ausschließlichen Verwendung für gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung, auch vorrangig für den Umwelt- und Naturschutz. Sollte zum Zeitpunkt der Auflösung der Stiftung das Naturschutzzentrum Hessen Akademie für Natur- und Umweltschutz e. V. nicht mehr existieren, so erhält die Stadt Wetzlar dessen Anteil, welche es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung, vorrangig zum Natur- und Umweltschutz, zu verwenden hat.

Für die Auflösung der Stiftung und damit die Rückzahlung des Kapitals an den Verein ist dieser jedoch auf ein Einvernehmen mit der Stadt Braunfels im Kuratorium angewiesen, da nur gemeinschaftlich die notwendige Dreiviertelmehrheit im Kuratorium erreicht werden kann. Die Auflösung ist zudem von der Zustimmung der Stiftungsaufsicht und des Finanzamtes abhängig.

Sollte die Stiftung tatsächlich aufgelöst werden, so ist jedoch zuvor noch das Liquidationsjahr abzuwarten. Erst danach kann das Vermögen der Stiftung an die Anfallsberechtigten ausgeschüttet werden. Sollte der Verein zuvor aufgelöst sein, ist hier bereits in der Verfassung ein alternativer Anfallsberechtigter (Stadt Wetzlar) genannt.

Diese Auffassung teilt im Übrigen auch die Stiftungsaufsicht beim RP Gießen.

Es ergeben sich nunmehr zwei verschiedene Handlungsoptionen:

1.)    Die Stiftung wird fortgeführt. Die Stadt Braunfels ist dann alleiniges Stiftungsmitglied.

2.)    Die Stiftung wird aufgelöst.


Für beide Optionen ergeben sich Für und Wider, die nachfolgend kurz skizziert werden sollen:

Die Fortführung der Stiftung eröffnet grundsätzlich natürlich die Möglichkeit den Grundgedanken der Einrichtung der Stiftung fortzuführen und diese am Leben zu erhalten. Bisher wurde der anfallende Verwaltungsaufwand jedoch vom Naturschutz-Zentrum Hessen erledigt. Hierunter fallen die Kassengeschäfte (bspw. zinsbringendes Anlegen des Stiftungsvermögens), die Jahresabschlüsse, die Abgabe der Erklärungen gegenüber dem Finanzamt, das Einberufen und Protokollieren von Vorstandssitzungen und Sitzungen des Kuratoriums, die Mittelverwaltung (Ausschüttung von Förderungen i. S. d. Stiftung), sowie die allgemeinen Verwaltungsaufgaben. Diese Arbeit müsste im Folgenden von der Stadt Braunfels wahrgenommen werden, da das Naturschutz-Zentrum Hessen aus der Stiftung ausscheiden möchte.

Für eine Auflösung spricht zum einen der teilweise Entfall der Verwaltungsaufgaben, aber auch das derzeit anhaltende Niedrigzinsniveau. Die Stiftung kann ihren Zweck nur aus Erträgen aus dem Stiftungsvermögen sowie erhaltenen Zuwendungen erfüllen. Die Anlage des Vermögens wirft jedoch seit einigen Jahren ein stetig abnehmendes Volumen von Zinserträgen ab:

im Jahr 2018: 13,42 €
im Jahr 2017: 29,89 €
im Jahr 2016: 233,71 €
im Jahr 2015: 961,15 €
im Jahr 2014: 1.003,67 €
im Jahr 2013: 1.030,07 €

Dementsprechend verringert sich auch die Handlungsfähigkeit der Stiftung. Es wurde zwar versucht ein gleichbleibendes Niveau an Förderungen aufrechtzuerhalten, was die nachfolgende Übersicht über die ausgeschütteten Mittel i. S. d. Stiftungszwecks dokumentiert:

im Jahr 2018: 250,32 €
im Jahr 2017: 537,52 €
im Jahr 2016: 97,12 €
im Jahr 2015: 734,50 €
im Jahr 2014: 452,50 €
im Jahr 2013: 0 €

Allerdings führt die höhere Ausschüttung von Förderungen als Einnahmen von Zinserträgen zu einem abnehmenden Bankguthaben. Dieses belief sich zum 31.12.2019 auf 4.119,14 €. Der Handlungsfähigkeit der Stiftung droht bei einem gleichbleibenden Niedrigzinsniveau damit Gefahr. Wenn sich der Kassenbestand gegen 0 € verändert und kaum noch Zinserträge generiert werden, stellt sich die Frage welchen Zweck die Stiftung noch erfüllen kann. Dem lässt sich entgegenhalten, dass in Zukunft wieder mit steigenden Zinsen gerechnet werden könnte. Dann wäre auch wieder eine Handlungsfähigkeit gegeben. Ob und wenn ja wann dies der Fall sein kann, kann derzeit jedoch nicht beurteilt werden.

Im Falle einer Auflösung müsste das zurückerhaltene Kapital i. H. v. 30.677,52 € dann i. S. d. § 13 der Verfassung zweckgebunden im Haushalt veranschlagt und aufgelöst werden. Über die Modalitäten der Verwendung wäre ein gesonderter Beschluss zu fassen, wenn es zur Auflösung der Stiftung kommen sollte. Vorstellbar wäre bspw. eine jährliche Auflösung der Summe über einen Zeitraum von 30 Jahren, mit einer jährlichen Ausschüttung der Summe an Projekte, die dem Zweck der Stiftung (§ 2 der Verfassung) Rechnung tragen. Dies würde die Ausschüttung von 1.000 € für einen Zeitraum von 30 Jahren bedeuten und den bisherigen Stiftungsdurchschnitt überschreiten.

Im Ergebnis spricht also die überwiegende Anzahl der Argumente für die Auflösung der Stiftung.

Es ist jedoch festzuhalten, dass die städtischen Gremien auf die Auflösung der Stiftung keinerlei Einfluss nehmen dürfen bzw. können, da es sich bei der Stiftung um eine eigene juristische Person handelt, die von Weisungen der Stadtverordnetenversammlung unabhängig ist. Es ist daher lediglich möglich eine Handlungsempfehlung an die Organe der Stiftung zu geben.

Der Fachbereich Bau- und Immobilienmanagement empfiehlt der Stadtverordnetenversammlung die Auflösung der Stiftung an die Organe der Stiftung zu empfehlen.


Beschlussvorschlag:

Der Haupt- und Finanzausschuss leitet die Vorlage mit folgendem Beschlussvorschlag an die Stadtverordnetenversammlung weiter:


Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Braunfels empfiehlt dem Vorstand und dem Kuratorium der Stiftung Obstwiesenschutz die Auflösung der Stiftung.

Nach Auflösung der Stiftung ist der Anteil der Stadt Braunfels am Stiftungskapital zweckgebunden in den Haushalt der Stadt Braunfels einzustellen. Über die genauen Modalitäten der Mittelverwendung wird die Stadtverordnetenversammlung zu gegebener Zeit beraten und beschließen.


Abstimmung:

Ja-Stimmen:
10
Nein-Stimmen:
-
Enthaltungen:
-
Nicht anwesend:
-
(gem. § 25 Hessische Gemeindeordnung)

Hinweise:

-


Beratungsfolge
Gremium
Datum
Zur Kenntnis
Genehmigt
Abgelehnt
Zurück-gestellt
Zurück-gezogen





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